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Österreichs 1. Frauensport-Symposium: Initialzündung für Gender Equality

Mit fachlich hoch spannenden Talkrunden und augenöffnenden Keynotes haben die Speaker:innen des 1. Österreichischen Frauensport-Symposium „Advantage Ladies“ am Freitag mehr „Gender Equality“ im österreichischen Sport angemahnt. Nach einem fulminanten sportpolitischen Auftakt mit Vize-Kanzler und Sportminister Werner Kogler, Frauenministerin Susanne Raab und Micky Lawler, der US-amerikanischen Präsidentin der Frauenprofitennisorganisation WTA, standen im Linzer Design Center im Tagesvorlauf noch die Perspektiven auf die Medienberichterstattung und die Sportpraxis auf dem Programm. Ein weiterer spannender Aspekt war das Thema Gene und Talent, beleuchtet von Univ. Prof. Mag. Dr. Markus Hengstschläger: „Gene werden manchmal etwas überbewertet. Gerade in Österreich reden die Menschen zu oft auch dann über Gene, wenn sie eine Ausrede brauchen“, sagte der Genetiker und Autor. „Betreffend Talente kommt es immer darauf an, was man aus seinen Potenzialen macht. Bei Talenten müssen wir uns um den genetischen Unterschied zwischen Männern und Frauen nicht zu sehr kümmern, sondern uns darüber unterhalten, ob Männer und Frauen in ihren Begabungen auch gleich gefördert werden.“

Das 1. Österreichische Frauensport-Symposium, das künftig jährlich im Rahmen des Linzer Weltklasse-Damentennisturniers stattfinden soll, wurde gemeinsam von Sport Austria, dem Österreichischen Tennisverband (ÖTV) und dem Upper Austria Ladies Linz initiiert. „Sichtbar. Gestärkt. Positioniert“ – so lautete das Motto vor rund 200 Besucher:innen. Als aktive Sportlerinenen waren Leichtathletin Verena Mayr, Tischtennis-Ass Liu Jia und Rollstuhltennisspielerin Christina Pesendorfer bei abschließenden fünften Panel vertreten.  Christina Pesendorfer bestreitet im Rahmen des Linzer WTA-Turniers am Inklusionstag am (morgigen) Samstag um ca. 16 Uhr ein Show-Doppel auf dem Center Court.

Aus sportpolitischer Sicht kritisierte BM a.D. Maria Rauch-Kallat, die Präsidentin des Österreichischen Paralympischen Committees (ÖPC): „Das Ehrenamt ist weiterhin sehr von Männern geprägt. Das liegt daran, dass die Frauen auch abgeschreckt sind von den Strukturen in Sportvereinen. Diese Machtstrukturen sind Barrieren für Frauen, sich zu engagieren. Der zweite Punkt ist die Mehrfachbelastung als Herausforderung für Frauen in Führungspositionen – deshalb wagen sie den Sprung nicht. Ich halte es für essentiell, Female Leadership/ weibliche Führungsstile in männerdominierten Strukturen zu etablieren. Wir wissen aus der Forschung, dass mit einer Besetzung von einem Drittel der Frauen sich die Kultur grundlegend verändern würde. Das ist im Sport genauso wichtig wie in der Politik. Wir müssen das schnell ändern, ansonsten ist es den Frauen auch irgendwann zu blöd, sich dort durchzusetzen. Leider dauert es alles immer noch viel zu lange. Ich bin weiterhin ungeduldig. Es gibt noch so viel zu tun. Wenn es nach Leistung und Erfolg ginge, müssten zum Beispiel unsere Frauenfußballerinnen doppelt so viel verdienen wie die Männer.“

Studienautorin Maria Pernegger stellte am Mittag unter dem Motto „We want more – Frauensport im medialen Wettkampf“ ihre Untersuchung mit dem Titel „Genderbalance in der Sportberichterstattung?“ vor – ihr Fazit lautet: „Die Sportberichterstattung heimischer Massenmedien fokussiert stark auf Sportler (88%), Sportlerinnen sind mit nur 12% deutlich unterrepräsentiert. Unsere Untersuchung zeigt, dass man gerade im Sport noch weit weg von einer paritätischen Berichtskultur ist. Dieser Missstand ist nicht bloß ungerecht, er zieht zudem viele negative Folgeerscheinungen für Sportlerinnen nach sich, insbesondere finanzielle Nachteile. Im Sport herrscht eine enge Verflechtung zu Medien und Wirtschaft. Will man Schieflagen korrigieren, müssen sie alle mitziehen und ihren Beitrag leisten.“

Am Nachmittag stand der Blick auf die Sportpraxis im Fokus. Zu den Keynote-Speakerinnen aus diesem Bereich gehörten Marion Maruska (ÖTV-Sportkoordinatorin und Billie-Jean-King-Cup-Kapitänin) und Irene Fuhrmann, die Trainerin des österreichischen Fußball-Nationalteams der Frauen. Marion Maruska sagte: „Als ÖTV und Mitveranstalter des Frauensportsymposiums freue ich mich, dass ich unsere Initiative ‚Ladies in Tennis’ hier vorstellen durfte. Durch verschiedene Maßnahmen wie Workshops, ein Mentorinnen-Programm, Webinare und Schnuppereinheiten versuchen wir in den einzelnen Bereichen, Frauen nachhaltig für Tennis zu begeistern, Potentiale aufzuzeigen und damit auch andere Sportarten zu inspirieren.“

Fuhrmann, Österreichs „Trainer:innenpersönlichkeit des Jahres 2022″, betonte: „Es war ein sehr gelungener Tag, ein großes Kompliment an alle Verantwortlichen des 1. Österreichischen Frauensport-Symposiums. Ich selber ziehe unheimlich viel positive Energie aus der Veranstaltung, und ich bin guter Hoffnung, dass wir weiter die Rahmenbedingungen für den Frauensport verbessern. Man hat gesehen, dass auf vielen verschiedenen Ebenen immer noch mit denselben Herausforderungen gekämpft wird. Ich habe mich in vielen Aussagen wiedererkannt, es geht ganz klar darum, das Bewusstsein der männlichen Entscheidungsträger weiter zu schärfen und mehr Frauen auf die Führungspositionen zu bringen. Da wir wissen, dass Frauen eher an sich zweifeln, braucht es manchmal sanften Druck, damit sie sich diese Positionen zutrauen.“